Wir alle stehen
vor grossen
Herausforderungen.
Die Unternehmen der baden-württembergischen M+E-Industrie kämpfen seit Jahren mit heftigem konjunkturellem Gegenwind. Eine rasche Trendwende ist nicht in Sicht.
Ging es nach der Finanzkrise 2008/09 erst jahrelang bergauf, endete dies 2019 mit einer deutlichen Abkühlung (Rezession). Statt des erhofften Aufschwungs folgten dann die Corona-Pandemie mit Lockdowns, gestörten Lieferketten und Lieferengpässen, dann ab 2022 der Ukraine-Krieg mit explodierenden Rohstoff- und Energiepreisen.
Laut einer aktuellen Umfrage von Südwestmetall rechnen die M+E-Firmen im Land mit einem eher schlechten Gesamtjahr 2024. Sowohl bei den Aufträgen als auch bei Produktion, Beschäftigung, Investitionen und Erträgen erwartet jeweils eine absolute Mehrheit der Unternehmen ein Minus, bei Aufträgen und Produktion sind es sogar zwei Drittel. Der Anteil der Firmen, die mit einer Verbesserung gegenüber 2023 rechnen, ist hingegen viel geringer. Als wesentliche Belastungen werden am häufigsten die hohen Arbeitskosten (91% aller Firmen) genannt, gefolgt von hoher Bürokratie und hohen Energiepreisen.
Auftragseingänge & Produktion
Eineinhalb Jahre sind die Aufträge der M+E-Firmen in Baden-Württemberg kontinuierlich zurückgegangen. Trotz einer Stabilisierung zur Jahresmitte hat sich seit Jahresbeginn 2024 erneut ein Minus von gut sechs Prozent aufgebaut. Die Auftragspolster, die sich durch die Lieferstaus aufgestaut hatten, sind weitgehend abgeschmolzen oder nicht mehr nachhaltig, da die Kunden sie nicht abrufen oder nicht bezahlen können.
Die Produktion trat 2023 zunächst auf der Stelle, in diesem Jahr ist sie deutlich ins Minus gerutscht. Damit wird aktuell fast ein Fünftel weniger produziert als noch vor fünf Jahren. Beunruhigend ist auch, dass die deutsche und die baden-württembergische M+E-Produktion gegenüber der Entwicklung der Weltproduktion und auch im europäischen Vergleich immer weiter zurückfällt.
Beschäftigung
Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen hat sich die Beschäftigung in unserer Industrie bislang stabil entwickelt. Nach einer kleinen Delle zu Beginn der Corona-Pandemie haben die Betriebe wieder vermehrt eingestellt. Aktuell arbeiten knapp 980.000 Menschen in der baden-württembergischen M+E-Industrie – rund 145.000 mehr als beim Tiefststand nach der Finanzkrise Anfang 2010. Allerdings hat sich der leichte Aufwärtstrend in den letzten Monaten zunächst zu einer Seitwärtsbewegung entwickelt. Mittlerweile beginnen die Zuwächse von 2023 wieder abzuschmelzen. Mehrheitlich rechnen die Firmen in diesem Jahr mit einem Stellenabbau. Erste Unternehmen haben aktive Maßnahmen angekündigt, die Zahl der Jobs zu reduzieren. Auch Kurzarbeit nimmt wieder zu: Mehr als jeder vierte Betrieb plant in den nächsten Wochen damit.
Herausforderungen für globale Unternehmen
Dr. Lea Corzilius (Personalvorständin ZF Group)
Preise & Ertragslage
Neben der schwachen Auftragslage hat vor allem die Entwicklung der Preise den Firmen in den letzten Jahren schwer zugesetzt. Erst sorgten die Lieferengpässe in Folge der Pandemiemaßnahmen dafür, dass z.B. die Preise für Mikrochips gewaltig in die Höhe schossen. Dann ließ der Ausbruch des Ukraine-Kriegs und der folgende Boykott des wichtigen Lieferanten Russland die Preise für Energie und Rohstoffe zeitweilig explodieren. Zwar sind die Preise inzwischen wieder deutlich gesunken. Sie liegen aber noch vielfach deutlich über dem Niveau vor Pandemie und Krieg.
Auch die Erträge der Firmen stehen kräftig unter Druck. Laut der letzten ifo-Umfrage vom September steigt bundesweit der Anteil der Firmen, die entweder rote Zahlen oder eine „schwarze Null“ (Rendite unter zwei Prozent) schreiben, in diesem Jahr auf rund 44 Prozent. Knapp ein Viertel steht im Minus. 2023 hatte dieser Gesamtanteil noch bei 36 Prozent gelegen. Solche Renditen sind definitiv zu gering, um die jetzt erforderlichen Investitionen in die Zukunft zu tätigen, oder weitere Kostensteigerungen zu tragen.